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Tina's Kolumne: Tramchauffeur

Bernhard Albery, der Tramchauffeur der den Fahrgästen ein Lächeln ins Gesicht zaubert

Es ist ein grauer Montagmorgen im April als am Bahnhof Tiefenbrunnen das 2er Tram einkurvt um die wartenden Pendler abzuholen. Wer Glück hat ergattert sich einen Platz. Die Passagiere scheinen alle in ihrer eigenen Welt zu sein. Die meisten starren in einen Bildschirm, manche blättern durch eine 20Minuten-Zeitung. Die Stimmung ähnelt dem Wetter. Ein freundliches Lächeln habe ich bisher nicht gefunden.

Als sich die Türen des Trams schliessen, ertönt über die Lautsprechanlage eine Stimme. «Schöne guete Morgä mini Dame und Herre und herzlich Willkommä im 2er Tram richtig Grauhof – exgüsi - Farbhof. Nähmet Sie Platz oder hebet Sie sich fescht. Es fahrends Tram isch nämli kein guete Platz zum neui Tanz-Moves üebe.»

Die nach unten geneigten Köpfe heben sich und ich kann auf fast jedem Gesicht ein kleines Grinsen entdecken. Ja, es finden sogar Blickkontakte statt und ein Lächeln wird ausgetauscht.

Die Stimme der eben erfolgten Tram-Durchsage gehört Bernhard Albery. Ich behaupte, Bernhard Albery ist der glücklichste Tramchauffeur der Schweiz. Wer in sein Tram einsteigt, wird die Fahrt nicht ohne ein Lächeln beenden.

Bernhard Albery ist seit 23 Jahren Tramchauffeur. Richtig verliebt hat er sich aber erst vor 13 Jahren in seinen Job.

Es war Februar 2004. Bernhard Albery’s Frau war vor vier Jahren verstorben und die beiden Töchter waren mittlerweile erwachsen und von Zuhause ausgezogen. Er fuhr bereits seit 10 Jahren dieselben Geleise rauf und runter. Die Strecke vom Tiefenbrunnen zum Farbhof und zurück war somit Routine. Die Tram-Durchsagen wurden via Tonband abgespielt. Das gelegentliche Zuwinken unter den Chauffeurs war an vielen Tagen der einzige menschliche Kontakt den er hatte. «Ich war dem Alltagstrott verfallen und unglücklich», sagt der 59jährige.

Doch dann wurden neue Trams eingeweiht und mit ihnen gab´s auch nigelnagelneue Mikrofons in den Tram-Cockpits. Per Knopfdruck konnten die Chauffeure nun Durchsagen tätigen.

Als eines Tages das Tonband ausfiel, war Albery gezwungen, die Haltestellen via Mikrofon anzukündigen und hat sich dabei tatsächlich verplappert. «Nächster Halt Bellevue – ääh, Opernhaus! Ich Volldepp.» Erklang aus den Lautsprechern. Kurz darauf wurde er von den aussteigenden Fahrgästen mit einem Lächeln beschenkt. Da sei er aufgewacht. «Ich fühlte mich auf einmal mit den Passagieren verbunden. Ich realisierte, dass ich mit diesem Mikrofon die Möglichkeit hatte, einen persönlichen Draht herzustellen.» Als sich bei der darauffolgenden Haltestelle bei der Kreuzstrasse die Türen für die Weiterfahrt schlossen, erblickte Albery im Rückspiegel, wie ein Vater und seine zwei Söhne zur Station rannten. Er hielt nochmals an, öffnete die Türen und als die drei reinsprangen hörte man via Lautsprecher: «Was für en Sprint! Ihr drü händ eu e chlini Verschnuufspause verdient. Gueti Fahrt mitenand.» Gelächter füllte die Wagons und als der Vater mit seinen Kids ausstieg, schenkten sie Bernhard Albery ihr grösstes Grinsen und winkten ihm freudig zu.

Dieser Tag habe sein Leben verändert. Seither übernimmt Tramchauffeur Albery tagtäglich das Mikrofon und versprüht Freude durch die Lautsprecher. Neben den Standard- Durchsagen und den sonnigen Begrüssungen gibt’s auch immer wieder lustige Kommentare, wie jene von heute Morgen, als ich mich beim Bahnhof Tiefenbrunnen in Albery’s 2er Tram setzte.

Bernhard Albery freut sich täglich auf ein neues Abenteuer. Er hat es sich zu seiner Mission gemacht in jedem Tag die Freude zu finden und diese mit seinen Fahrgästen zu teilen. «Den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, gibt mir ein wahnsinnig schönes Glücksgefühl. Ich kann mir keinen besseren Job vorstellen.»

Text: Tina Masafret

Mai 2018


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